Kirchenfenster

Blick durchs Kirchenfenster

Zusätzliche Pastorin in der St. Andreas-Kirchengemeinde

Liebe Leser und Leserinnen!

Die Taufe

Liebe Leserinnen und Leser!

Bestimmt kennen Sie wie das ist, wenn von einem Tag auf den anderen ein neuer „Erdengast“ den Mittelpunkt der Familie bildet und das Leben nachhaltig verändert. Aus Mann und Frau werden Vater und Mutter, aus Vater und Mutter werden Großvater und Großmutter. Alle Beziehungen werden neu. 
Alles verändert sich. Die Nächte werden kurz und die Tage lang. Dauernd ist etwas zu tun. Dieses kleine Wesen ist ganz und gar auf seine Eltern angewiesen. Es kann nur leben und wachsen, wenn sie es nähren, wärmen und behüten. Zugleich spüren Eltern aber auch, wie gefährdet und wie bedroht das Leben ist und wollen darum alles ihnen Mögliche tun, damit dieser Neuanfang unter günstigen Vorzeichen steht. Eltern wissen, dass es nicht  nur in ihrer Macht steht, wie dieser Neuanfang des Lebens weitergeht.
In Übergangssituationen suchen Menschen Ermutigung, Zuspruch, gute Wünsche und Begleitung. Sie ahnen, dass Segensworte und Segenshandlungen nicht wirkungslos bleiben. Deshalb lassen sie Kinder taufen. 


Die Taufe ist das Zeichen für eine lebenslange Zusage Gottes. Im Sakrament der Taufe wird dieses Versprechen dem Täufling zugesprochen und mit der Taufformel „Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bekräftigt. Das alles bedeutet nicht, dass nun alles Unheil für immer abgewendet ist. Aber es heißt: „Egal was kommt, allein bin ich nicht. Gott hat versprochen, bei mir zu sein. Wenn es mir gut geht und wenn es mir schlecht geht.“ Dieses Vertrauen zu wagen, kann eine gute Grundlage für ein gelingendes Leben sein. 
Ein Mensch getauft auf den dreieinigen Gott, d.h. auch: Dieser Getaufte gehört zu Gott, kein anderer kann ihn besitzen, er ist Gottes Kind. Das wird besonders deutlich in der Taufe kleiner Kinder: De Taufe hält fest, dass ein Kind frei ist und von seinen Eltern nicht vereinnahmt und verplant werden darf. Eltern haben ihr Kind nicht „gemacht“ und sind nicht der „Besitz“ ihrer Eltern. 


Kinder sind ein Geschenk Gottes, sie werden ihren Eltern von Gott anvertraut. Das ist eine große Würde und zugleich ein Vertrauensbeweis: Gott beteiligt uns an dem wunderbaren Geschehen, durch das er das Leben auf dieser Erde erhält und von Generation zu Generation erneu

Getaufte sind Töchter und Söhne Gottes, sind Schwestern und Brüder Jesu Christi. 
 
 Darum gehören Taufen in den Gottesdienst, denn durch die Taufe bekommt eine Gemeinde Nachwuchs, den sie willkommen heißt.
Mit der Taufe bleibt also niemand allein, sondern bekommt viele Geschwister, auch in anderen Ländern und Erdteilen.

Damit ist die Taufe mehr als nur ein Fest der Familie, sondern immer auch Fest der Kirchengemeinde vor Ort.

Im Neuen Testament wird die Taufe als symbolisches Sterben und Auferstehen mit Jesus Christus beschrieben (Römerbrief 6). Das bezeichnet einen Herrschaftswechsel: Die Taufe richtet das Leben auf Christus als neuen „Herrn“ aus. Sie gibt dem Leben eine neue Richtung, indem Wort und Geist Jesu den Weg des Getauften bestimmen. 
Und sie schenkt mir die Erfahrung der bedingungslosen Annahme gegen die Angst, nicht geliebt zu werden und gegen die Erfahrung, austauschbar und überflüssig zu sein. Sie bietet Antwort auf die Ersetzbarkeitserfahrung unserer Tage. Ich bin mehr wert, als ich leiste und verdiene.
 
 
Die Taufe ist wohl voraussetzungslos, aber nicht folgenlos. Sie ist der Beginn eines Christenlebens, aber ein Beginn, der auf Fortsetzung angelegt ist und hier sollen Eltern und Paten Vorbild und Begleiter sein. Sie werden dabei von der Gemeinde unterstützt z.B. durch Kinderkirche und Konfirmandenarbeit. 


Und noch etwas: Die Taufe behält ihre Gültigkeit, weil sie am Handeln Gottes bzw. an seiner Zusage hängt und nicht an unseren mit der Taufe verbundenen Erinnerungen, Gedanken, Gefühlen und Motiven. Sie hängt auch nicht an unserem Glauben. Für Martin Luther war darum die Taufe der verlässliche äußere Halt für den eigenen angefochtenen und zerbrechlichen Glauben: 
„Meine Taufe bleibt wie die Sonne immer bleibt. Wenn ich stehe oder in den Dreck falle, so dass die Augen nichts mehr sehen können, die Sonne leuchtet dennoch. Und wenn ich in den Keller gehe, die Sonne bleibt dennoch am Himmel. Es kommt wohl vor, dass ich falle und zerbreche, aber die Taufe zerbricht niemals.“
 
Ihre Pastorin Brigitte Hirschmann



 
Taufen in der St. Andreas-Gemeinde


·         Wir taufen nach Möglichkeit im Gottesdienst und berücksichtigen dabei die besondere Situation von Familien mit Kindern 


·         Altvertraute und neue Lieder lassen sich leichter singen, wenn eine Schar von Gemeindegliedern die Tauffamilie beim Singen unterstützt


·         Wir überreichen dem Täufling  eine Taufkerze, wenn keine eigene mitgebracht wird


·         Wir bereiten die Taufe mit einem häuslichen Taufgespräch vor – gerne auch mit den Paten


 Planen Sie eine Taufe und haben Fragen, dann wenden Sie sich an das Gemeindebüro oder an Pastorin Hirschmann

Wenn Sie in einer anderen Kirche taufen lassen möchten, teilen Sie uns das mit, wir bereiten das Nötige dafür vor                                                                                           
Quelle: St. Andreas
Hatten Sie schon einmal einen Moment, in dem Sie wirklich gespürt haben, dass Gott da ist und Sie liebt?

Ich – Martin Ludwig – frage mich das, weil ich tatsächlich genau solch einen Moment erlebt habe. Es war an einem Freitag dieses Jahres, da durfte ich einen winzigen Moment mit Gott verbringen. Die schneereichen Wintertage waren gerade vorbei, ein Hauch von Frühling lag in der Luft. Ich durfte einen schönen, harmonischen Sonntag mit meiner Familie erleben – der Gottesdienst am Morgen war angenehm lebensnah und erfüllend für mich. Am Nachmittag ein Spaziergang und Besuch beim Beberteich in Barbis, danach Kaffee und Kuchen – ein herzallerliebster Tag.

Der darauffolgende Montag versprach mäßig stressig zu werden. Eine Dienstreise nach Hamburg stand auf dem Plan, neue Aufgaben, eine angespannte Erwartung nahm von mir Besitz. Mein gut geöltes Gedankenkarussell kam dennoch am Sonntagabend langsam in Fahrt. Daran änderte auch der Liebesfilm – ja, der Liebesfilm – auf dem Sofa nichts.

Das lange und gut geplante Seminar am besagten Montag sollte keine außergewöhnliche Herausforderung darstellen. „Netzwerkarbeit“ war mein Thema: „Wie bringt man Menschen zusammen, um Unternehmensziele besser zu erreichen?“ Kein Problem! Trotzdem gut, wenn ich davor eine hoffentlich entspannte Nacht habe. Aber ich bekam das krasse Gegenteil geliefert… oder besser gesagt: Ich lieferte es mir selber.

Meine häufigen Blicke auf die Leuchtschrift des Funkweckers zeigten mir, was ich bereits ahnte. Die Zeit bis zum frühen Wecken verging gefühlt viel zu schnell, an Schlaf war nicht zu denken… noch vier Stunden… noch dreieinhalb Stunden…

Ohne Vorankündigung übernahm jedoch plötzlich eine Präsenz das Ruder und machte alles weich und gut. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. Dieser Moment war so unglaublich wohltuend und wunderbar, dass er für mich heute mit angemessenen Worten nicht mehr zu beschreiben ist. Wie eine zarte Hand auf der Wange, höher als alle Vernunft. Der Wecker holte mich aus dem Schlaf, das wohltuende Gefühl war geblieben.

Gott hatte sich mir gezeigt mit seiner ganzen Macht, auch wenn es nur eine Millisekunde war, aber dieses Gefühl war nicht an Helligkeit und Präsenz zu überbieten. Hat es mein Leben verändert? Natürlich bin ich wie geplant am Montagmorgen nach Hamburg gefahren und habe mein Seminar gehalten. An den darauffolgenden Tagen ließen verschiedene Ereignisse mich an der Richtigkeit meines derzeitigen Tuns und meiner Entscheidungen zweifeln. Aber ich erlebte dieses Infragestellen als Geschenk Gottes. Soll etwas in meinem

jetzigen Leben in Bewegung kommen? Und gleichzeitig spürte ich in mir noch immer dieses erleuchtende Gefühl jener Nacht von Sonntag auf Montag. Um mich herum verändern sich Dinge auf erstaunliche Weise und ich empfinde mein Leben jetzt als behüteter. Lange gehegte Selbstzweifel haben sich in innere Ruhe und Sanftheit verwandelt. „everything goes“, alles ist gut.

Der Wissenschaftler in mir schaut natürlich auf Messbares. Ich zähle langsam 21, 22… wie lange dauert es, bis eine Sekunde vergangen ist? Wenn Gott mir den Bruchteil einer Sekunde gönnt und damit alles gut macht, dann kann er problemlos alle Menschen dieser Welt erreichen. Immerhin hat ein Tag 24 Stunden, 1.440 Minuten, 86400 Sekunden. Eine Millisekunde ist kaum spürbar, der tausendste Teil einer Sekunde. Für uns 83 Millionen Deutsche allemal ausreichend, aber auch den Rest der Welt erreicht Gott mit Leichtigkeit. Das Licht bewegt sich mit 299.792 Kilometern pro Stunde. Und Gott ist viel mehr als alles Licht. Quod erat demonstrandum.

Martin Ludwig, Kirchenvorsteher der St. Andreasgemeinde

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Alles hat seine Zeit

Sommer – Sonne – Urlaub… in wenigen Wochen genießen wir sie wieder die Ferienzeit. Zeit für Dinge, für die sonst wenig oder keine Zeit bleibt. Zeit für die Familie, gemeinsame Ausflüge, barfuß am Strand gehen und hinter die nächste Felswand schauen, balgen und fangen spielen, sich was einfallen lassen zur Freude aller, viel Zeit miteinander verbringen und sich animieren lassen, wenn die Kinder fragen: Papa, was machen wir heute? Erholung pur, weil alles andere, was einen sonst taktet, ausgeblendet werden darf, schließlich ist man im Urlaub. Urlaubszeit – herrliche Zeit, weil sie so viele Möglichkeiten birgt, weil sie Freiräume eröffnet und Spontanität ermöglicht.
Aber gelingt das immer? Ist es nicht oft so: Je weniger Zeit ich im Alltag habe, je mehr Termine mich drücken, desto größer wird mein Urlaubsstress. Da will ich alles nachholen, was ich in den letzten Monaten nicht geschafft habe. Da will ich mindestens zwei gute Bücher lesen. Und Zeit haben zum Wandern mit meiner Frau. Und was Schönes erleben und in ein Museum gehen. Und natürlich will ich das Leben genießen und bei warmen Sommernächten draußen sitzen und einen guten Wein trinken. Und natürlich muss dann auch Zeit sein, die Kinder zu besuchen (das braucht wirklich Zeit, weil die ja so verstreut sind ...). Außerdem sind da noch die Freunde, wenn sie nicht so weit weg wohnten… und der Keller müsste auch mal aufgeräumt werden…

Wer kennt diese Überlegungen nicht? Und was macht man da? Als Pastorin denkt man nach – und versucht zu verstehen, was Gott über die Zeit denkt. Also – was sagt die Bibel?

ERSTENS: „Alles hat seine Zeit“

Das ist ein Zitat aus dem Buch des „Predi­gers“. Es klingt zuerst ein bisschen banal, wie eine Allerwelts-weisheit: Alles hat seine Zeit – geboren werden und sterben, pflanzen und ausreißen, töten und heilen, klagen und tanzen, schweigen und reden, lieben und hassen. Aber ich spüre: Dahin­ter steht die Einsicht, dass mein Leben aus ganz vielen verschiedenen Zeiten besteht, die ich mir nicht einfach aussuchen kann. Jede Zeit hat ihr Gewicht und ihr Recht. Und wenn ich den Eindruck habe, dass die Urlaubszeit zur Stress-Zeit wird, dann stimmt wohl das Gleichgewicht meiner übrigen Zeit nicht. Dann versuche ich, in diese drei Wochen im Jahr all das hineinzupacken, was im Rest des Jahres nicht in der Balance ist.

Eigentlich müsste das ja anders gehen. Eigentlich müsste dieses Gleichgewicht ja im Alltag da sein. Da müsste Zeit sein zum Arbeiten und zum Ausruhen. Da müsste genügend Zeit sein fürs Reden und fürs Schweigen. Da müsste ich es hinkriegen, dass ich genug Zeit für mich selbst habe und genug Zeit für meine Familie und meine Freunde.

Aber das gelingt oft nicht. Im Alltag hat eben nicht alles „seine Zeit“. Da bekom­men die Dinge nur die Zeit, die ich ihnen zuordne – und dann staut sich alles auf, dann bleiben die anderen Dinge auf der Strecke. Und der Urlaub – der auch „seine“ Zeit hat, eine Zeit, in der ich nicht arbeiten muss! – wird zum Ventil, was mir im Rest des Jahres nicht gelingt. Was für eine Verschwendung!

ZWEITENS: „Meine Zeit in deinen Händen“

Dass ich manchmal hektisch bin und viel zu viel in meine Zeit hineinpacke, hat aber noch einen anderen Grund: Ich vermute, dass ich Angst habe, zu wenig zu schaffen und was zu verpassen. Da hilft nur, sich daran zu erinnern: Du musst das gar nicht. Denn meine Zeit gehört mir doch eigentlich gar nicht allein. Dass ich hier und jetzt lebe, dass ich überhaupt lebe, hat nichts mit mei­ner Entscheidung zu tun. Und auch mein Tod steht letztlich nicht in meiner Hand. Anfang und Ende, das merkt man schnell beim Nachdenken, gehören mir nicht.

„Meine Zeit steht in deinen Händen“ – das ist für mich einer der wichtigsten Sätze der Bibel über meine Zeit. Er kommt aus dem 31. Psalm, aus einem Gebet zu Gott. Und beim Lesen merkt man sofort: Wer da betet, der hat wirklichen Stress in seinem Leben. Da geht es um Unglück und Verfolgung, um Feindschaft und tiefe Zweifel, ob das alles eigentlich überhaupt noch einen Sinn ergibt. Aber über diesem Klagen und Fragen kommt plötzlich die­ser andere Ton hinein. „Meine Zeit steht in deinen Händen“ – gemeint ist Gott, der unsere Lebenszeit bewahrt, aufhebt, fest­hält.

Das entlastet mich ungemein. Wenn ich das glauben kann, dass Gott der Ursprung meiner Zeit ist, dann kann ich gelassener leben. Dann muss ich nicht jede Minute mit Leistung füllen. Dann muss ich nie­mandem beweisen, wie gut ich bin. Dann kann ich damit leben, dass ich nicht alles hinkriege, was sinnvoll wäre, was andere von mir erwarten oder was angeblich zum „guten Ton“ gehört und „man nun mal so macht“.

Dann ist jeder Tag meine eigene Zeit. Oder besser: Die Zeit, die Gott mir schenkt. Jeder Tag ein Moment aus seiner Ewig­keit. Und umgekehrt: Dann ist meine Lebenszeit ein Stück seiner Zeit. Und ich vertraue darauf, dass am Ende meiner Zeit etwas Gutes daraus wird – nicht, weil ich so viel geschafft habe und eine tolle Liste vorweisen kann, sondern weil ER sagt: Komm, ich mach einen Haken dran – und dann ist Deine Zeit gut und rund.

Und wie mache ich jetzt Urlaub?

Na ja, vielleicht leichter und lockerer. Weil ich weiß: Ich muss da niemandem was beweisen, auch mir selber nicht. Viel­leicht wird’s eine Zeit zum Nachdenken über mich, eine Zeit des Redens und der Begegnungen. Eine Zeit zum Üben für das, was unseren Alltag ausmachen sollte: Gelassen leben, weil unsere Zeit in Gottes Ewigkeit geborgen ist. Und Kräfte sam­meln dafür, im Alltag das Gleichgewicht besser hinzukriegen – dafür, dass „alles seine Zeit“ hat. Wie der Urlaub wohl wird? Bei Ihnen? Bei mir?

Einen schönen und erholsamen Urlaub!

Ihre Pastorin Brigitte Hirschmann

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Andacht zur Jahreslosung 2019

Blumenwerfer (Bildquelle R. Burger)
Im August 2018 schickt mir meine kleine Schwester mehrere eindrückliche Bilder aus ihrem Israelurlaub. Dabei war auch ein Bild von dem berühmten Graffiti Künstler Banksy, von dem so gut wie nichts gewusst wird. Sein echter Name ist unbekannt, wie alt er genau ist, wo er genau wohnt, all das ist unbekannt. Es gibt Vermutungen, mehr aber nicht. Vielleicht lebt er in London, aber wirklich sicher ist dies auch nicht. Weltweit bekannt sind dafür seine Graffitis. Die vor allem in Großstädten und besonderen Orten zu finden sind.
So hatte meine Schwester auf der Rückwand einer Waschanlage in Bethlehem eines seiner bekanntesten Werke „Der Blumenwerfer“ ausfindig gemacht. Neben der Ambivalenz, die dieses Graffiti ausstrahlt, ist es vor allem der Ort, der bezeichnend ist. Bethlehem, das ist nicht nur der Ort der Geburt Jesu. Es ist auch mittendrin im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Bethlehem liegt zwar vor den Toren Jerusalems, gehört aber zum palästinensischen Autonomiegebiet, des Westjordanlandes, getrennt von Jerusalem und dem restlichen Israel durch eine große Betonmauer.

Ein wirklich komisches Bild. Komisch nicht lustig. Eher im Gegenteil. Es tut fast schon weh zu sehen, wie das nicht zusammenpasst:

Dieser schwarz vermummte und schwarz gemalte junge Mann mit

dem Ausdruck seines Körpers, in dem viel Energie steckt, und dann dieser Blumenstrauß in seiner einen Hand. Bunt in blau, rot und gelb, das Einzige was an diesem Graffiti filigran gemalt zu sein scheint. Doch auch ein Bild, das in seiner ganzen Widersprüchlichkeit meiner Meinung nach gut zur Jahreslosung für 2019 passt. Diese steht im Psalm 34,15 und lautet:

„Suche den Frieden und jage ihm nach“

Denn wenn auch dieses Graffiti eine gewisse Aggression ausstrahlt, wird doch deutlich, dass zum Einsatz für den Frieden mutiges Handeln und die Bereitschaft zur Veränderung dazugehören.

Dass es wichtig ist, an so vielen Orten im Kleinen und auch im Großen die Spirale von Wut und Gewalt zu durchbrechen, den Frieden sprichwörtlich zu suchen und ihm nachzujagen, und manchmal, wenn wir die Kraft dazu haben, dann auch mutig und mit Leidenschaft mit Blumen zu antworten, wo andere uns Steine entgegen schleudern könnten.

„Suche den Frieden und jage ihm nach!“.

Es ist eine Aufforderung und ein Mahnwort an uns alle. Denn Frieden braucht Energie, Mut, Überzeugung. Frieden braucht Leidenschaft. Frieden ist kein Traumbild sondern eine konkrete Handlungsoption. Frieden heißt, aushalten, dass wir verschieden sind und uns dennoch in Liebe begegnen können. Ich denke, dies ist Gottes Aufforderung an uns, immer wieder in unserem Leben: Dass nicht das Böse, das uns widerfährt, unser Denken und Handeln gefangen nimmt, sondern wir es schaffen, uns von der Liebe Gottes leiten zu lassen und nach dem Frieden im Großen und im Kleinen zu streben. Denn wenn wir dies schaffen, ist dies auch ein Geschenk von uns an diese Welt, die es bitter nötig hat, dass der Spirale von Gewalt und Hass mit Liebe begegnet wird.

Eine mögliche Interpretation der Jahreslosung. Ich freue mich schon auf die Ideen der Konfirmandinnen und Konfirmanden zur Jahreslosung.

Ihr und Euer Pastor Simon Burger

(Jugendpastor in der Bäderregion)

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Warum kommt die Begrüßung im Gottesdienst erst so spät?

Sonntagmorgen, die Glocken läuten zum Gottesdienst, auf dem Altar hat der Küster die Altarkerzen angezündet und am Tag zuvor ein Gemeindeglied ein Blumenbouquet arrangiert. Es ist alles bereitet. Menschen finden sich ein in der wunderschönen St. Andreaskirche. Sie werden von Mitgliedern des Kirchenvorstandes freundlich begrüßt und bekommen das Evangelische Gesangbuch überreicht.
Einige entdecken ein bekanntes Gesicht, andere wissen von anderen, das sie auf jeden Fall auch da sind, man geht aufeinander zu und kommt ins Gespräch. Der „Gemeinschaft der Heiligen“ dient es, wenn solches geschieht.
Wer die Kirche zum Gottesdienst betritt, steht vor der Frage, wo er Platz nehmen soll. Der eine bevorzugt den Platz mit direktem Blick zur Kanzel, die andere bevorzugt einen in den hinteren Reihen mit Überblick über den gesamten Kirchraum, jemand setzt sich gerne in die vordere Reihe, um das Gesprochene besser von den Lippen des Pastors ablesen zu können, weil das Gehör nachgelassen hat. Wieder andere suchen die Nähe zu einem besonders schönen Kirchenfenster.

Die stillen Momente, bevor der Gottesdienst beginnt, lassen zur Ruhe kommen, geben Zeit für eigene Gedanken und zum Atem holen oder schon mal neugierig die Liednummern nachzuschlagen. Bevor Menschen Platz nehmen, verweilen sie stehend in Gebetshaltung am Platz. In diesem stillen Moment geht es darum, sich in der nächsten Stunde ganz Gott öffnen zu wollen, auf sein Wort zu hören und Gutes zu erbitten für die neue Woche: „Gott, gib mir ein Wort für mein Herz und Herz für dein Wort.“

Unmittelbar nach dem letzten Glockenschlag erklingt die Orgel. Wir genießen ihren Klang und spüren, wie sehr gerade auch die Orgelmusik hier in der St. Andreaskirche unserer Seele gut tut. Sie kann beleben und bewegen, erfrischen und fröhlich machen; ins Nachdenken führen, mich Gott näher bringen.

Die Orgel dient auch der Verkündigung, sie will den Gemeindegesang verstärken und bereitet diesen entweder mit einem Vorspiel (Präludium) oder einer kurzen Einstimmung (Intonation) vor. Ihr dienender Charakter wird an manchen Orgeln auch durch eine Inschrift wie die folgende zum Ausdruck gebracht:

„Ecce ancilla domine“ (Siehe, ich bin des Herrn Magd). Dieses Wort aus Lukas 1,38 zeigt uns Maria, die sich als Dienerin Gottes sieht, indem sie Jesus zur Welt bringt. Vielfach – nicht nur in der St. Andreaskirche – tritt nach dem Orgelvorspiel der Pastor bzw. die Pastorin nach vorne in den Altarraum.

Nicht so ich als Ihre neue Pastorin. Viele haben diese Veränderung gemerkt. Anfangs dachten einige, ich sei mit der Liturgie von St. Andreas noch nicht so vertraut.

Keinesfalls, vielmehr halte ich es schon seit vielen Jahren aus gutem Grund anders. Auch Predigerinnen und Liturgen sind Menschen, die Gottesdienst feiern. Auch für sie ist die gottesdienstliche Stunde eine Zeit, in der sie sich auf Gott ausrichten und von ihm empfangen möchten, was ihrer Seele gut tut.

Denn auch sie kommen aus einem bewegten Leben und bringen ihre Welt in die Kirche hinein: das, was sie in der zurückliegenden Woche beschäftigt, gefreut oder geärgert hat, ihre Sorgen, ihre Erfolge, ihren Streit.

So bin auch ich Teil der gottesdienstlichen Gemeinde am Sonntagmorgen und bin wie Sie gekommen, um unseren Gott und HERRN zu begegnen und mich ihm zu öffnen. Auch ich möchte ankommen und dann präsent sein in dem, was mir als Dienerin unseres Gottes im Gottesdienst aufgetragen ist. Darum singe ich gerne mit der Gemeinde etwa das Gesangbuchlied: „Ich bin, Herr, zu dir gekommen, komme du nun auch zu mir… zieh in meinem Herzen ein, lass es deinen Tempel sein“ (EG 166,2).

Das ist also der Grund, dass ich erst nach dem Eingangslied in den Altarraum trete und mich Ihnen zuwende. Dies zunächst aber auch nicht mit einer persönlichen Begrüßung, sondern mit dem Votum, das deutlich macht, in wessen Namen wir miteinander versammelt sind: „Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Gott, keine andere Macht steht über dieser Feier.

Der Einladende, der Gastgeber ist der Höchste selbst und er will uns vor allem anderen und zu Beginn einer neuen Woche dienen. Darum gebührt ihm der erste Platz. Die Gemeinde bekräftigt dies mit dem hebräischen „Amen“, was so viel heißt wie „ja, so ist es“ / „ja, so soll es sein“.

Selbstverständlich und gerne werde ich Sie danach auch persönlich begrüßen, denn natürlich freue ich mich über alle, die gekommen sind und wir – so unterschiedlich wir sind – als Schwestern und Brüder miteinander unseren Gott feiern und erfahren wollen.

Ihre Pastorin Brigitte Hirschmann

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Abendmahl – Gemeinschaftskelch – Wein – Saft – Intinktion

In der St. Andreasgemeinde feiern wir in der Regel jeden 1. Sonntag im Monat und an den meisten Festtagen das Heilige Abendmahl. Gut so, denn „solches tut zu meinem Gedächtnis“, sagt Jesus in der Nacht vor dem Verrat und seiner Kreuzigung, als er das Abendmahl einsetzte.

Das geschah im Rahmen des Passahmahls, das Jesus mit den Jüngern in gut jüdischer Tradition feierte. Doch beim letzten Passahmahl, also vor seiner Kreuzigung, tat Jesus etwas Außergewöhnliches und Einmaliges: Er bezog das ungesäuerte Brot und den Wein, zwei elementare Bestandteile des Passahmahls, auf sich: „Nehmt, esst, dies ist mein Leib... Und er nahm den Kelch … und sprach: Trinkt alle daraus; das ist mein Blut…, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“ (Matthäus 26,26-28).

Während des Passahmahls gibt es einen besonderen Kelch, der zwar mit Wein gefüllt da steht, aber unberührt bleibt: es ist der Kelch des Elia. Das geht zurück auf eine Erwartung des Propheten Maleachi 3,23 der sagt: Bevor das Ende kommt, kommt Elia. Aber mit dem Ende kommt auch etwas ganz Neues, nämlich Gottes Heilszeit mit dem Messias. Darum stellen bei jeder Passahfeier die Juden diesen Kelch mit auf den Tisch.

Für Jesus ist Elia schon gekommen und zwar in Gestalt von Johannes dem Täufer (Matthäus 17,10-13). Indem Jesus diesen besonderen Kelch nimmt und nach dem Einsetzungswort seine Jünger daraus trinken lässt, gibt er ihnen zu verstehen, dass die Erwartung mit ihm in Erfüllung gegangen ist: Er ist der Messias, der Retter der Welt. Das ist der Hintergrund, warum wir beim Abendmahl alle aus einem Kelch trinken. Der Gemeinschaftskelch symbolisiert für uns Christen allerdings auch unsere Gemeinschaft mit Christus und untereinander. Von daher ist der Gemeinschaftskelch den Einzelkelchen und der Intinctio (Eintauchen der Oblate) vorzuziehen.

Im Mittelalter wurde jedoch aus praktischen Erwägungen der Kelch immer seltener an die Laien ausgeteilt, vor allem weil man Angst hatte, dass von dem gewandelten Wein etwas verschüttet würde. Im Spätmittelalter galt das Trinken aus dem Kelch zunehmend als ein Vorrecht der Priester.

Theologisch gesehen galt und gilt, dass jeweils in beiden Elementen „wahrer Leib und Blut Christi“ vollgültig enthalten ist – eine Lehre, die von Martin Luther in seinem Sermon von dem hochwürdigen Sakrament (1519) und anderen reformatorischen Schriften bestätigt wurde. Man kann also nur das Brot zu sich nehmen, und es ist dennoch ein echtes und gültiges Abendmahl.

Auf dem Konzil von Konstanz (1414–18) wurde der Kelch für Laien, also Nicht-Priester, schließlich verboten. Gegen dieses Verbot regte sich viel Widerstand, namentlich von den Anhängern des Reformators Jan Hus (ca. 1369-1415), die das Recht forderten, aus dem Kelch trinken zu dürfen.

Nachhaltig durchgesetzt hat sich diese Forderung in der Reformation Martin Luthers, die die Kelchkommunion unter Berufung auf Jesu Weisung „trinket alle daraus“ grundsätzlich wieder einführte: Sie wurde geradezu zu einem maßgeblichen Unterscheidungskriterium zwischen „Evangelisch“ und „Katholisch“. Gerade in den 1520er bis 1560er Jahren wurde die Einführung der Reformation in einzelnen Ortschaften daran datiert, wann die Kommunion unter „beiderlei Gestalt“ ausgeteilt wurde. – Seit dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) dürfen auch katholische Laien wieder die Kelchkommunion erhalten.

Muss es Wein sein oder darf es auch Saft sein? Hat doch Jesus vom „Gewächs des Weinstocks“ im Rahmen des Abendmahls gesprochen. Hierzu ist zu sagen, dass im Kelch nur Wein gewesen sein kann, denn unvergorener Traubensaft stand nur zurzeit der Beerenreife, nicht aber zurzeit der Passahfeier zur Verfügung. Die alkoholische Gärung war das einzige damals bekannte Mittel, Fruchtsäfte zu konservieren. Wir haben angesichts dieses Sachverhaltes nicht die Freiheit, den Wein der Abendmahlsfeier ohne weiteres und generell durch ein anderes Getränk zu ersetzen, darum gibt es in unseren Gottesdiensten in der St. Andreaskirche einen Kelch mit Wein und einen mit Saft.

Klar gibt es immer mal einen Grund, dass jemand nicht aus dem Gemeinschaftskelch trinken kann: Grippe, Herpes, generelle Alkoholabstinenz… Wer sich aus welchem Grund auch immer enthält, sollte dennoch den Kelch

in die Hand nehmen und im Stillen danken, dass dieser Kelch ihm ja auch gilt. Auch wer nur die Oblate erhalten hat, darf gewiss sein, dass er den „ganzen Christus“ empfangen hat. Wer den Gemeinschaftskelch mit Saft gefüllt wünscht, darf dies während der Darreichung anzeigen.

Im Übrigen sind Kelche mit einer Edelmetalllegierung wegen ihrer wohl antibakteriellen und virenhemmenden Wirkung hygienischer als etwa Kelche aus Ton. In der St. Andreaskirche wird der Kelchrand mit 70%igen Alkohol gereinigt, nachdem vier Personen daraus getrunken haben. Außerdem wird der Kelch sichtbar vor jedem Abendmahlsgast etwas um die eigene Achse gedreht. Ein vollständiger Schutz vor Ansteckung ist durch solche Maßnahmen nicht gegeben, aber unser Immunsystem muss sich im Alltag ständig mit verschiedensten Erregern auseinandersetzen. Die Reinigung von Biergläsern in einer Gastwirtschaft erfolgt zum Beispiel in der Regel weniger aufwändig als unsere Vorsichtsmaßnahmen bei den Abendmahlsgeräten.

Das Eintauchen der Oblate in den Wein oder Traubensaft (sog. Intinktion) ist keine wirkliche hygienische Alternative. Man hantiert mit der empfangenen Oblate in der eigenen Hand bis der Kelch gereicht wird und nicht selten wird nicht nur die Oblate eingetaucht, sondern es gelangen auch die Finger in den Wein. Und nicht selten krümelt selbst eine Oblate in den Kelch. Mal abgesehen davon, dass in Jesu Einsetzungsworten nicht vom Eintauchen des ungesäuerten Brotes in den Kelch die Rede ist, sondern von einem „Nacheinander“ von Brot und Wein.

Kinder und Konfirmanden sind in unserer St. Andreas-Kirchengemeinde in die Abendmahlrunde eingeladen und werden unter Handauflegung gesegnet.

Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. Er gewährt uns dadurch Vergebung der Sünden und befreit uns zu einem neuen Leben aus Glauben. Er lässt uns neu erfahren, dass wir Glieder an seinem Leibe sind. Er stärkt uns zum Dienst an den Menschen.

Wenn wir das Abendmahl feiern, verkündigen wir den Tod Christi, durch den Gott die Welt mit sich selbst versöhnt hat. Wir bekennen die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns. In der Freude darüber, dass der Herr zu uns gekommen ist, warten wir auf seine Zukunft in Herrlichkeit.

Leuenberger Konkordie (1973) Absatz 15+16

Pastorin B. Hirschmann
Quelle: St. Andreas-Markttreff